Das Endocannabinoid-System (ECS) wurde 1992 durch ein Forschungsteam des National Institute of Mental Health (NIMH, Bethesda, Maryland/USA) unter der Leitung von William Devane und Dr. Lumir Hanus in Zusammenarbeit mit dem israelischen Wissenschaftler Raphael Mechoulam entdeckt. Das ECS wurde nach den Wirkstoffen der Cannabispflanze, den Cannabinoiden benannt.
Die Entdeckung des Endocannabinoid-Systems hat in den letzten Jahren Tür und Tor für die systematische Erforschung von Cannabis geöffnet und neue Perspektiven für die medizinische Nutzung aufgezeigt. Bisher weiss man:
Es besteht berechtigte Hoffnung, dass gezielte Eingriffe in den körpereigenen Endocannabinoid-Stoffwechsel neue therapeutische Perspektiven eröffnen könnten. Doch dafür braucht es mehr Forschung.
Die Vorsilbe «endo» ist die Kurzform von «endogen» und bedeutet «aus dem Organismus stammend» oder «vom Organismus produziert» – wobei «Organismus» auch Zellen und Gewebe umfasst. «Cannabinoide» sind die Gruppe von Verbindungen, die das dazugehörige System im Körper aktivieren. Das Endocannabinoid-System (ECS) besteht aus zwei primären Zellrezeptoren – CB1- und CB2-Rezeptoren.
Man kann sich Zellrezeptoren im Körper als eine Reihe von «Schlössern» vorstellen, die auf entsprechende «Schlüssel» – chemische Moleküle namens Agonisten – reagieren. Immer wenn sich ein passender Agonist an einen Zellrezeptor bindet, leitet er eine Nachricht weiter und gibt der Zelle eine Anweisung. Die Forschung hat herausgefunden:
Die Agonisten oder «Schlüssel» für diese Rezeptoren sind die Cannabinoide. Diese werden einerseits vom Körper selbst produziert, können aber auch in Form von Cannabinoiden zum Beispiel aus der Cannabispflanze dem Körper zugeführt werden.
Cannabinoide sind natürliche, chemische Botenstoffe des Körpers. Sie kommen in grosser Zahl vor und lassen sich den Kategorien endogen oder exogen zuordnen.
Endogen: «Endo» bedeutet «seinen Ursprung im Körper habend». Endogene Cannabinoide werden im Körper produziert. Sie interagieren mit den Cannabinoid-Rezeptoren und regulieren Grundfunktionen wie Stimmung, Appetit, Schmerz, Schlaf usw.
Exogen: So werden Cannabinoide bezeichnet, die dem Körper über die Nahrungskette, Schleimhäute, Lungen usw. zugeführt werden. Man findet sie häufig in Cannabis, wie zum Beispiel Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Werden sie aufgenommen, senden sie Signale an das ECS und erzeugen physische und psychologische Effekte im Körper.
Endocannabinoide sind Cannabinoide, die im menschlichen Körper produziert werden. Sie werden innerhalb der Körperfettsäuren wie Omega-3 gebildet. Die beiden heutzutage bekanntesten Endocannabinoide sind:
Diese Endocannabinoide werden als «kurzfristige» Neurotransmitter (Botenstoffe) bezeichnet, weil sie nur dann produziert werden, wenn der Körper signalisiert, dass er sie akut benötigt. Es gibt viele weitere Endocannabinoide wie Noladinether, Virodhamin und N-Arachidonoyldopamin (NADA). Ihre Rolle im Körper ist allerdings noch nicht vollständig geklärt.
Man geht mittlerweile davon aus, dass Endocannabinoide wesentliche körperliche Funktionen und Muster steuern. Ethan Russo, ein Cannabis-Forscher und Mitglied in diversen internationalen Organisationen, geht davon aus, dass niedrige Cannabinoid-Spiegel die Ursache zahlreicher Krankheiten sein könnten. Dieser Mangel verursacht möglicherweise für schwere Erkrankungen wie chronische Schmerzen oder Fibromyalgie, die im Zusammenhang mit dem Endocannabinoid-System stehen.
Die Gegenstücke zu den Endocannabinoiden sind exogene Cannabinoide wie THC oder CBD. Diese gelangen mit der Einnahme von Cannabis in den Körper und bleiben dort über längere Zeit. Sie aktivieren das Endocannabinoidsystem (ECS) stärker als endogene/körpereigene Cannabinoide.
THC
Die Forschung hat gezeigt, dass sich das Cannabinoid THC an beide Rezeptoren (CB1 und CB2) bindet und diese auf dieselbe Art und Weise Art aktiviert wie ein Endocannabinoid. Die Wirkungen von THC werden allgemein als psychologisch angesehen, aber diese Verbindung bewirkt weitaus mehr als einen Rausch. Es ist belegt, dass THC bei chronischen Schmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Asthma und Glaukomen (spez. Hirntumore) hilft. Darüber hinaus ist THC nachweislich bei der Krebsbehandlung wirksam.
CBD
CBD bindet sich tatsächlich nicht an irgendwelche Rezeptoren, sondern fungiert stattdessen als Hemmstoff für das Enzym FAAH. Diesen verlangsamt bzw. verhindert den Abbau von Anandamid – möglicherweise einem der entscheidendsten Endocannabinoide im Körper. Das Ergebnis ist eine Anreicherung von Anandamid im Gehirn.
Während wir uns bewusst sind, dass THC eine offensichtlich psychologische Wirkung auf den Geist ausübt, hält man CBD auf der physiologischen Ebene für wirksam – das heisst, es hat Auswirkungen auf den Organismus. Es wirkt folgendermassen bei schweren Erkrankungen:
Bisher wurden zwei Cannabinoid-Rezeptortypen identifiziert: der hauptsächlich auf Neuronen lokalisierte CB1-Rezeptor und der hauptsächlich auf Zellen des Immunsystems angesiedelte CB2-Rezeptor. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf die Existenz weiterer, noch nicht identifizierter Rezeptoren.
CB1-Rezeptoren gibt es zwar im gesamten menschlichen Körper, sie sind aber vorwiegend im Gehirn und im Rückenmark, das heisst im zentralen Nervensystem, anzutreffen. Sie konzentrieren sich in Regionen, die mit den Verhaltensweisen verbunden sind. So beeinflussen sie etwa den Hypothalamus, der den Appetit mit reguliert, und die Amygdala, die eine Rolle bei der Gedächtnisleistung und bei der emotionalen Verarbeitung von Erfahrungen spielt. Sie finden sich auch in Nervenenden, wo sie die Schmerzempfindung reduzieren.
CB2-Rezeptoren kommen typischerweise konzentriert in Immunzellen, im Magen-Darm-Trakt und im peripheren (äusseren) Nervensystem vor. Sind die Rezeptoren aktiviert, lösen sie eine entzündungshemmende Immunreaktion auf: Von dieser wird angenommen, dass sie bei bestimmten Krankheiten die Immunantwort des Körpers beeinflusst.
Das Endocannabinoid-System reguliert im Wesentlichen alle grundlegenden Funktionen und Muster, die unser Körper auszuführen hat, einschliesslich:
Studien haben gezeigt, dass Patienten mit Erkrankungen wie Parkinson, Arthritis oder chronischen Schmerzen höhere Endocannabinoid-Werte aufweisen. Dies führte zur Theorie, dass das Endocannabinoid-System der natürliche Weg ist, um die «Homöostase» zu regulieren – dem stabilen, inneren Gleichgewicht des menschlichen Körpers.
Das Endocannabinoid-System hat sich sehr schnell zu einem Bereich entwickelt, der Wissenschaftler/-innen, Ärzte/-innen und Forscher/-innen gleichermassen interessiert. Es ist ein komplexes System, das viele wichtige Rollen im menschlichen Körper übernimmt.
Der Einsatz von medizinischem Cannabis ist die wirksamste bekannte Methode, um das Endocannabinoid-System zu stimulieren. Die exogenen Cannabinoide THC und CBD interagieren mit dem Endocannabinoid-System und rufen in grossem Umfang therapeutische Wirkungen hervor. Deshalb wurden sie auf der ganzen Welt zu einer oft verschriebenen Medizin. MEDCAN setzt sich dafür ein, dass der Zugang zu medizinischem Cannabis auch in der Schweiz bald besser wird.