Wir wissen, Sie sind sehr beschäftigt und haben wenig Zeit, uns zuzuhören. 100’000 Schweizer Cannabis-Patientinnen und Patienten sind in dieser ausserordentlichen Notlage aber speziell verletzlich. Viele sind verzweifelt. Nur einige Tausend dieser kranken Menschen haben eine Sonderbewilligung und können Cannabis-Medikamente in der Apotheke kaufen. Der Rest der Betroffenen ist in dieser Krise vom Schwarzmarkt abhängig. Bitte helfen Sie uns unbürokratisch. Legalisieren Sie sofort den Cannabis-Eigenanbau für kranke Menschen.
Sehr geehrter Herr Berset
Sehr geehrtes Bundesamt für Gesundheit
Zeitgleich mit der Ankündigung des COVID19-Notstands am 17. März 2020 hat der Ständerat ein neues Medizinal-Cannabis-Gesetz für gut befunden und auf den weiteren parlamentarischen Weg geschickt. Von links bis rechts war man sich einig, dass die Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang zur medizinischen Anwendung von Cannabis brauchen. In vier Jahren soll es Cannabis-Medikamente in der Apotheke geben.
Vier Jahre ist ein langer Zeitraum für Menschen, die krank sind und Schmerzen haben. Die Betroffenen gehen bei der illegalen Beschaffung ihrer Medikamente immer gesundheitliche Risiken ein. In diesem Ausnahmezustand ist die Situation auf dem Schwarzmarkt aber speziell gefährlich. Auch Kriminellen möchten ihre Umsätze nicht verlieren und von der Krise profitieren. Die Behörden warnen schon seit längerem vermehrt vor mit synthetischen Drogen versetztem Cannabis. Solche Substanzen sind für kranke Menschen fatal und können lebensbedrohlich werden.
Ich bin die Präsidentin des Medical Cannabis Verein Schweiz (MEDCAN). Seit der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes im Juli 2011 habe ich eine Sonderbewilligung vom BAG. Ich bin seit einem Unfall 2009 vom Hals abwärts gelähmt. Cannabis – das bestätigen viele Ärzte und Forschungsstudien – helfen ausgezeichnet gegen die Symptome meiner Verletzung. Ich habe chronische neuropathische Schmerzen und spastische Krämpfe. Cannabis ist die einzige Substanz, die meine unmenschlichen Schmerzen ein wenig lindert. Dank Cannabis konnte ich meine stark abhängig machenden Medikamente absetzen und fühle mich heute wieder gesund und kann am Leben teilnehmen.
Ich erfülle alle Kriterien, die eine Cannabis-Patientin zu erfüllen hat. Trotzdem muss ich mir seit zehn Jahren meine Cannabis-Medikamente illegal organisieren. Ich kann mir die legal erhältlichen Cannabistropfen aus der Apotheke nicht leisten. Sie sind für mich zu teuer und zu schwach. Ich brauche hochdosierte THC-haltige Cannabisextrakte und Cannabisblüten zum Verdampfen. Solche Cannabis-Medikamente sind in der Schweiz legal nicht erhältlich.
MEDCAN schreibt Ihnen im Namen von über 100’000 Schweizer Risikopatientinnen und Patienten, die wie ich keinen sicheren Zugang haben. Für die Betroffenen ist es schlimm, wegen der Beschaffung ihres Medikaments kriminell zu sein. In dieser Krise ist es unerträglich, noch vier Jahre warten zu müssen.
Diese Menschen sind nun seit vielen Tagen zu Hause und mit ihren Erkrankungen und Sorgen eingesperrt. Sie haben Schmerzen, Spastik, Panikattacken, Depressionen, Restless Legs, Epilepsie, HIV, Krebs, ADHS, Schlafstörungen, Autoimmun-, Parkinson- oder Demenzerkrankung, um nur einige Beschwerden und Krankheiten aufzuzählen. Sie haben in «normalen Zeiten» ihre Krankheitssymptome mit Cannabis im Griff und setzen sich deswegen über das Verbot hinweg. Nun sind die Vorräte aber aufgebracht oder gehen zu Ende. In dieser Ausnahmesituation auf das bewährte Medikament verzichten zu müssen, ist physisch und psychisch eine enorme Belastung.
MEDCAN macht schon seit Jahren auf die schwierige Situation der Betroffenen aufmerksam. Die Corona-Krise erschwert oder verunmöglicht nun vielen kranken Menschen den Zugang zu Cannabis aber gänzlich. Es ist Frühling. Bitte legalisieren Sie den Eigenanbau für Cannabis-Patientinnen und Patienten, sodass sie sich selber helfen können.
Ermöglichen Sie zudem unbürokratisch die Produktion von Cannabis-Medikamenten, die in Apotheken verkauft werden können. In vier Jahren sollte das ja sowieso möglich sein. Die Schweizer CBD-Industrie ist ideal aufgestellt und kann sofort kontrollierte Cannabis-Medikamente herstellen. Sie helfen so nicht nur den Cannabis-Patientinnen und Patienten sondern auch der Schweizer Industrie. Dieses Vorgehen wäre in der Krise vorausschauend. In Zukunft könnte es wichtig werden Medikamente in der Schweiz zu produzieren, dass zeigen Lieferengpässe bei pharmazeutischen Medikamenten.
Wir wünschen Ihnen für diese schwierige Situation viel Kraft und Ausdauer.
Franziska Quadri
Präsidentin
Medical Cannabis Verein Schweiz (MEDCAN)