Im November 2017 hat der Bund das Gesuch der Universität Bern für die Durchführung einer wissenschaftlichen Studie zum legalen Verkauf von Cannabis in Apotheken zu Genusszwecken nicht bewilligt. MEDCAN hatte sich erhofft, dass einige der Berner Patientinnen und Patienten an diesem Projekt teilnehmen könnten. Wir standen mit der Projektleitung in Kontakt.
Nachdem der Vorstand aus den Medien erfahren hatte, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) das Gesuch nicht bewilligt, haben wir diesen Entscheid zum Anlass genommen, uns als Patientenvereinigung mit einem Brief ans BAG zu wenden. Wir haben das Amt aufgefordert eine Studie mit Cannabis-Patientinnen und Patienten durchzuführen und so den Zugang zu medizinischem Cannabis zu vereinfachen.
Ende Dezember haben wir eine Antwort erhalten. Das BAG argumentiert damit, dass ihnen aus rechtlichen Gründen die Möglichkeit fehle, eine Studie durchzuführen. Ohne klinische Studie besteht aber auch nicht die Möglichkeit, dass medizinisches Cannabis als Arzneimittel in den Grundleistungskatalog des Krankenversicherungsgesetzes aufgenommen wird und von den Krankenkassen schliesslich bezahlt wird. Das heisst für die Patientinnen und Patienten, dass alles beim Alten bleibt und sich viele trotz Sonderbewilligung ihr Medikament nicht leisten können. Für MEDCAN ist das ein unhaltbarer Zustand.
Medizinisches Cannabis wird zu einem teuren Medikament gemacht, das sich Betroffene in der Regel nicht leisten können. Wir sind auch weiterhin nicht bereit, dies einfach so hinzunehmen. Wir werden auf allen Ebenen weiterkämpfen, um eine bessere Lösung für die Patientinnen und Patienten zu erreichen. Wer ein Herz hat, wünscht Menschen mit schweren Krankheiten und chronischen Leiden ein legales, stress- und schmerzarmes Leben.
Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es auch etwas Positives zu berichten. Die Sonderbewilligung des BAG wird seit Anfang Januar 2018 nun für zwölf Monate und nicht wie bis anhin nur für sechs Monate ausgestellt. Das sollte den administrativen Aufwand für Ärztinnen und Ärzte etwas verringern. Zudem werden ihnen Informationen zu Wirkung und Dosierung von Cannabis online zur Verfügung gestellt. Es ist zu hoffen, dass dies weitere Puzzlesteine sind, damit medizinisches Cannabis in der Schulmedizin mehr Anerkennung findet. Unsere grundsätzliche Forderung ans BAG, medizinisches Personal besser auszubilden, wird dadurch aber sicher nicht erreicht.
Erwähnenswert ist zudem, dass der Bundesrat dank eines parlamentarischen Vorstosses im Jahr 2015 das BAG beauftragt hat abzuklären, welche rechtlichen Grundlagen geschaffen werden müssten, damit die Behandlungskosten mit medizinischem Cannabis von den Krankenkassen übernommen würden. Dieser Bericht sollte voraussichtlich im Sommer 2018 dem Bundesrat unterbreitet werden. Das ist natürlich erfreulich. Es zeigt jedoch auch auf, dass politische Prozesse in der Schweiz sehr lange dauern, ehe es zu einer tatsächlichen Umsetzung eines Begehrens kommt.
Dem Bundesamt für Gesundheit ist die Problematik der Patientinnen und Patienten bewusst. Die Anfragen für Sonderbewilligungen sind seit 2012 um das Zehnfache gestiegen. 2017 waren es über 3300 Bewilligungen. Nach Schätzungen des BAG verwenden zwischen 70'000 und 100'000 Menschen in der Schweiz Cannabis für medizinische Zwecke. Das heisst nur 3300 Patientinnen und Patienten therapieren sich auf legalem Weg. Es braucht eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes, um den Zugang zu medizinischem Cannabis zu erleichtern.
Das die Gültigkeit einer Sonderbewilligung auf zwölf Monate verlängert wurde, ist natürlich erfreulich. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäsuchen, dass diese Verlängerung vor allem initiiert wurde, um das BAG selbst zu entlasten. Den Patientinnen und Patienten wird diese minimale Änderung nicht wirklich weiterhelfen. Und solange nur wenige teure Cannabisprodukte erhältlich sind, ist die Situation weiterhin sehr schwierig.
MEDCAN fordert, dass die Patientinnen und Patienten ihre Medikamente selber anpflanzen können. Solange medizinisches Cannabis von den Krankenkassen nicht bezahlt wird, muss es Betroffenen ermöglicht werden, ihr Medikament so billig wie möglich herzustellen. Die legalen Cannabisprodukte aus der Apotheke sind viel zu teuer und können Patientinnen und Patienten an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten bringen.
Wir können jedem Cannabis-Patienten nur raten, seinen Arzt zu beauftragen, einen Antrag ans Bundesamt für Gesundheit zu stellen. Wie ein solcher Antrag formuliert wird, haben wir auf unserer Webseite in einer entsprechenden Anleitung beschrieben. Nur so können wir Druck auf das BAG ausüben und die Verantwortlichen vielleicht dazu bewegen, ihre Vorgehensweise zu überdenken bzw. zu ändern. Wenn sich die Patientinnen und Patienten weiterhin im Verborgenen therapieren, drohen wir in Vergessenheit zu geraten. Zumal es gemäss einem Fernsehbericht von SRF im Bundesamt für Gesundheit Widerstand gegen weitere Erleichterungen zum Erhalt einer Sonderbewilligung gibt.
MEDCAN setzt nun seine Hoffnung ins Schweizer Parlament. Im Dezember 2017 wurde ein parlamentarischer Vorstoss eingereicht. Der Bundesrat wurde beauftragt dem Parlament schnellstmöglich eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vorzulegen, die es erlaubt, Studien mit Cannabis durchzuführen. Im besten Fall dauert das drei bis fünf Jahre. Bis dann zugelassene Cannabis-Medikamente auf den Markt kommen, wird das laut Schätzungen des BAG zehn Jahre dauern.
Grünliberale Fraktion, Grüne Fraktion, Sozialdemokratische Fraktion, FDP-Liberale Fraktion
(13. Dezember 2017)
Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, wie im Rahmen der geltenden Gesetzgebung befristete wissenschaftliche Studien zur Erprobung innovativer Regulierungsansätze zum gesellschaftlichen Umgang mit dem Konsum von Cannabis bewilligt werden können. Sollten solche Studien nicht bewilligungsfähig sein, wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament schnellstmöglich eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (sog. "Experimentierartikel") vorzulegen, die es erlaubt, solche Studien durchzuführen. Dabei ist der Gesundheitsschutz zu gewährleisten.