Mit der Entwicklung von Cannabispflanzen mit einem hohen CBD- und einem geringen THC-Gehalt unter 1 %, deren Blüten dank einer Gesetzeslücke legal verkauft werden dürfen, hat sich in der Schweiz eine Art «Goldgräberstimmung» ausgebreitet. Innerhalb von einem Jahr stieg die Anzahl der gemeldeten CBD-Produzenten von 10 auf über 400. Im Interesse der Schweizer Patientinnen und Patienten hat MEDCAN die CBD-Blüten, die dieses Jahr am CannaSwissCup eingereicht wurden, im Labor testen lassen.
«Goldgräberstimmung» bedeutet, dass viele Menschen das Gefühl haben, unmittelbar reich zu werden. Regeln werden in diesem neuen, aufstrebenden Wirtschaftszweig selber gemacht und die Produzenten fühlen sich den Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber wenig verpflichtet. Heute werden auch viele CBD-Produkte als Bio angepriesen. Aber was ist Bio? Welches Bio ist da gemeint und wie kann ein Konsument das einsehen? Reicht hier alleine das Vertrauen? Der CBD-Boom veranlasste viele Produzenten massiv Geld zu investieren. Einen «Return» innerhalb der ersten zwei bis drei Ernten brauchen viele von ihnen, um nicht schon am Anfang finanziell zu scheitern. Mit Ungeziefer befallene Ernten daher mit Pestiziden und Fungiziden zu retten oder sie mit ungeeigneten Düngern zu optimieren, liegt daher nahe.
Der Medical Cannabis Verein wird oft von Patientinnen und Patienten angefragt, welche CBD-Produkte wir empfehlen. Wir wissen aber genauso wenig, wie sauber die Produkte sind, die in den CBD-Shops oder online gekauft werden können. Da wir als Patientenorganisation häufig mit Menschen konfrontiert sind, die sich mit hohen Dosen CBD medikamentieren müssen, sind wir der Meinung, dass es auch in der Schweiz unerlässlich ist, den Konsumenten Einblick in die Qualität der Produkte zu geben. Es braucht in der Schweiz einen Standard, die CBD-Produkte über die Bestimmung des THC-/CBD-Gehalts hinaus weiter zu prüfen.
Diese Produkte werden nach Angaben der Händler gut verkauft und rege benutzt. Wir haben recherchiert, welche Substanzen hinter den oft täuschenden Produktnamen stehen. Es hat sich herausgestellt, dass die meisten dieser Chemikalien in Kalifornien und Colorado, beides US-Staaten mit legalem, reguliertem Cannabis-Anbau, streng verboten sind. Produkte, die Spuren dieser Mittel enthalten, dürfen dort nicht verkauft werden. Solch verunreinigtes Cannabis muss nach Gesetz vernichtet werden.
Floramite 240SC, Hauptwirkstoff: Bifenazatet
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 2
Gesal Calypso, Giess und Spritzmittel, Hauptwirkstoff: Thiacloprid
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 1
Maag Areofleur, Hauptwirkstoff: Chlorpyrifos
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 1
Maag Deril, Hauptwirkstoff: Pyrethrines
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 2
Maag Perfekthion, Hauptwirkstoff: Dimethoate
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 1
Maag Spomil, Hauptwirkstoff: Abamectin
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 2
Maag Bonzi, Hauptwirkstoff: Paclobutrazol
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 1
Syngenta Rondo, Hauptwirkstoff: Captan
verboten in Kalifornien und Colorado, Giftklasse: Kategorie 2
Diese Umfrage lässt uns kritisch zurück. Aber um wirklich zu wissen, was in den angebotenen Cannabisblüten drin ist, müssen aufwändige und teure Labortests gemacht werden. Die SC Labs aus Kalifornien haben dem MEDCAN diese Test gratis zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich für diese grosszügige Unterstützung. SC Labs sind Pioniere dieser ausführlichen Cannabis-Tests. Sie haben in Kalifornien massgeblich an der Ausarbeiten von Bio-Normen und Testverfahren mitgewirkt und bieten heute Tests an, die in der Schweiz noch gar nicht, oder nur durch Entstehung immenser Kosten, möglich sind. SC Labs bieten zudem eine App an. Mit dieser kann man dank eines OR-Codes auf dem Produkt direkt die Testergebnisse einsehen. Das wäre auch für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten wünschenswert.
MEDCAN fand den CannaSwissCup, der dieses Jahr an der Cannatrade stattfand, einen geeigneten Anlass, diese Tests durchzuführen. 35 CBD-Blüten wurden von SC Labs getestet. Die Teilnehmer des Wettbewerbs haben zwar ihre besten und wohlriechensten Blüten eingeschickt, was das Resultat natürlich etwas verfälscht. Es besteht keine Garantie, dass die auf den Markt gebrachten Produkte von gleicher Qualität sind.
Die eingereichten Cannabisblüten wurden auf 12 Pestizide, Fungizide und Pflanzenregulatoren getestet. Schwermetalle und andere Verunreinigungen wurde nicht untersucht. MEDCAN ist positiv überrascht über die Testergebnisse. Nur in zwei Proben fanden sich geringe Rückstände von in Kalifornien verbotenen Pflanzenschutzmitteln. Aber wie schon gesagt, es ist eine Momentaufnahme eines Wettbewerbs, bei dem sich alle sehr viel Mühe gegeben haben.
In den zwei verunreinigten Proben wurden Spiromesifen und Pyrethrine gefunden. Bei der Probe mit Spiromesifen lag der Wert minimal über dem Richtwert und wäre in Kalifornien verboten. Bei der Probe mit Pyrethrine war der Wert minimal darunter und hätte in Kalifornien noch verkauft werden dürfen. Hier können die zwei Proben mit Spuren von Pestiziden eingesehen werden.
Probe 26
Kategorie Indoor
(Spiromesifen)
Probe 19
Kategorie Greenhouse
(Pyrethrine)
Brisant an den Testergebnissen ist, dass Probe 26 der Gewinner des CannaSwissCups in der Kategorie «Indoor» ist. Es war die einzige Probe, die in Kalifornien nicht zugelassen worden wäre. Die Konsumentinnen und Konsumenten waren aber trotzdem begeistert vom Geschmack und der Wirkung und haben diese Blüten zum Gewinner gekürt. Das zeigt, dass Verunreinigungen nicht heraus zu spüren sind und nur durch Tests eine Sicherheit für den Anwender besteht. Noch bevor die Ergebnisse der Labortests vorlagen, äusserte sich der Geschäftsleiter der Siegerfirma gegenüber MEDCAN unbesorgt wegen den Resultaten seiner Blüten. Er sei nur noch Grosshändler und lasse andere für sich anbauen. Es sei nicht nötig das Material testen zu lassen. Er habe volles Vertrauen in seine Anbauer.
Fazit der Tests: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Ein Insektizid und Akarizid aus der Substanzklasse der Tetronsäurederivate, das von der Firma Bayer CropScience entwickelt wurde und seit dem Jahr 2006 von Bayer unter dem Markennamen Oberon® verkauft wird. Es wirkt über eine Hemmung des Fettstoffwechsels und wird beim Anbau von Nutz- und Zierpflanzen vor allem gegen Milben und Mottenschildläuse eingesetzt. Für Fische und andere Wasserlebewesen ist es als toxisch eingestuft. In Deutschland, Österreich und der Schweiz besteht keine Zulassung als Pflanzenschutzmittel, in anderen EU-Staaten ist es zugelassen.
Pyrethrine sind eine Gruppe von Naturstoffen, die für die insektizide Wirkung von Pyrethrum verantwortlich sind. Sie werden von bestimmten Chrysanthemen-Arten gebildet. Pyrethrine sind Kontaktinsektizide, zum Beispiel gegen Blattläuse, Weiße Fliege, Spinnmilben, Woll- und Schmierläuse, Zikaden und Käfer-Larven. Sie wirken gegen Eier, Larven und erwachsene Stadien. Pyrethrine sind nicht nützlingsschonend. Pyrethrine wirken neurotoxisch auf sensorische wie auch auf motorische Nerven. Die letale Dosis für Pyrethrin I und II liegt für Nagetiere im Bereich von 130 bis über 600 mg/kg Körpergewicht. Falls die Substanzen in mehreren kleinen Dosen über 12 bis 48 Stunden verabreicht werden, beträgt die letale Dosis bis zu 2900 mg/kg Körpergewicht. Pyrethrine sind in der Schweiz für ein paar dutzend Pflanzenschutzmittel zugelassen, in Kalifornien und Colorado aber verboten (Giftklasse 2).