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Bernhard

Jahrgang: 1940
Diagnose: Prostatakrebs
«Cannabis reduziert meine Schmerzen auf ein erträgliches Mass.»
«Dank Cannabis habe ich mehr Appetit und mehr Energie.»
Bernhard
Patientengeschichten

Es gibt Menschen, die ringen dem Leben das Beste ab – vom ersten Moment an bis zum letzten. Bernhard ist so einer. Prostatakrebs seit 26 Jahren, inzwischen metastasierend, Schmerzen, Gewichtsverlust, Kraftlosigkeit und Erschöpfung. Und trotzdem ist er kein bisschen lebensmüde: «Ich habe zwei wunderbare Töchter, mit denen ich gerne noch ein paar Jahre zusammen sein möchte», sagt der 85-Jährige.

Vom Leiden spricht er kaum, umso mehr von der Freude: von Erinnerungen an seine verstorbene Frau, von seinem Ferienhäuschen in Grindelwald und von seinem Rollator, den er seit seinem letzten Reha-Aufenthalt besitzt. Das Gehen falle leichter, die eingebaute Sitzfläche ermögliche angenehmes Warten an der Supermarkt-Kasse, eine tolle Sache, die er sich schon längst hätte anschaffen sollen.

«Wenn man sich das Leben nicht selbst schwer machen will, muss man positiv bleiben», sagt der Senior. Das Bewusstsein, dass das Leben irgendwann zu Ende ist, sei wichtig. Er versuche einfach, das Schicksal zu akzeptieren und aus allem das Beste herauszuholen. Dennoch hat er die Dinge nie einfach nur auf sich zukommen lassen: «Schon meine Eltern haben gesagt: Versichert euch bestmöglich, um in Krankheit die beste Behandlung zu bekommen.»

Cannabis als Ergänzung

Diese offene und zugleich vorausschauende Haltung dem Leben gegenüber mag dazu geführt haben, dass Bernhard Cannabis als alternative Behandlungsmöglichkeit für seine Schmerzen in Betracht gezogen hat. Nach seiner Diagnose liess er sich von den besten Professoren beraten und vertraute ihren Einschätzungen. Eine Operation zur Tumorentfernung habe er abgelehnt, weil sie einen künstlichen Darmausgang zur Folge gehabt hätte. Die übrigen schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten hat er ausgeschöpft. «Mehr ist nicht möglich», sagt er, «abgesehen von einer aufwendigen personalisierten Gen-Behandlung, die mir heute in meinem Alter zu umständlich ist.»

Die Schmerzen sind im Laufe der Jahre stärker geworden. Als Bernhard vor fünf Jahren beim Zappen durchs Fernsehprogramm auf eine Sendung über die medizinische Anwendung von Cannabis stiess, flammte Hoffnung auf, die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Er vertiefte sich in Recherchen und machte eine Apotheke im Emmental ausfindig, die über eine Abteilung für Cannabisanwendungen verfügt. Als erste Apotheke schweizweit, die – vom Bund genehmigt und überwacht – Cannabis anbaute, verarbeitete und verkaufte, vermochte sie den interessierten Senior zu überzeugen.

Das Rezept bezieht er von der Schmerzklinik in Basel. Das Mittel enthält sowohl THC als auch CBD, und er kann es selbst dosieren. Von der Wirkung ist er begeistert: «Der Schlaf verbesserte sich wesentlich und die Schmerzen sind zurückgegangen. Mein Appetit wurde angeregt, ich habe mehr Energie und fühle mich munterer.» Er ist zuversichtlich, dass er damit seine stärker werdenden Schmerzen weiterhin kontrollieren kann. Man erhöhe einfach die Dosis – Nebenwirkungen habe er keine, und einen Rausch habe er noch nie verspürt.

Den Alltag bewältigen

Zu grossen Sprüngen verhilft Cannabis dem einst passionierten Golfer und Tennisspieler nicht mehr. Aber was ihm bleibt, das kann er geniessen: «Ich mag immer noch gute Sachen essen und trinken.» Das Frühstück bereitet er sich selbst zu, mit den übrigen Mahlzeiten versorgt ihn seit kurzem die Spitex. Früher kochte er gerne, doch mit den Gehhilfen ist es ihm zu umständlich geworden: «Bis ich mit dem Kochen fertig war, war ich so erschöpft, dass ich gar nicht mehr essen mochte.» Sämtliche im Alltag nötigen Tätigkeiten verrichtet er wann immer möglich sitzend.

Sein Geist hingegen ist unverändert aktiv, er beschäftigt sich gern mit seinem spannenden Stammbaum: Seine Mutter war jüdischen Ursprungs, sein Vater Fabrikant und von den Nazis enteignet. Zusammen musste das Paar die Existenz für die siebenköpfige Familie neu aufbauen. «Wir kamen ins Internat, damit beide voll arbeiten konnten», erzählt Bernhard. «Sie suchten ein sehr gutes aus. Ich erinnere mich gern an diese Zeit.» Nach dem Abitur absolvierte er eine KV-Lehre. Aus seinem Studium der Betriebswirtschaft sind ihm Freundschaften geblieben, die er heute noch pflegt.

Familie hält zusammen

Ein Höhepunkt in seinem Leben war die Begegnung mit seiner späteren Frau in Wien: «Die Liebe schlug ein wie ein Blitz, nach einem halben Jahr heirateten wir.» Als sie sich in der Schweiz niederliessen, machte sich Bernhard selbstständig und baute einen Betrieb mit 20 Angestellten und bis zu 100 Heimarbeitenden zur Herstellung von exklusivem Christbaumschmuck auf. Seit seiner Pensionierung 1998 verbrachte er viel Zeit mit seiner Familie, insbesondere beim Sport zusammen mit seiner Frau. Wie wichtig ihm die Familie ist, wird deutlich, wenn er über den Tod seiner Frau spricht. «Meine Töchter haben sich in der Trauer sehr um mich gekümmert, und ich mich um sie.  Wir haben das gut überstanden.»

Seine Frau hatte gewünscht, ihre Asche möge beim Ferienhaus in Grindelwald verstreut waren, wo die Familie schöne Zeiten verbracht hatte. So liessen die Hinterbliebenen dort einen kleinen Brunnen und ein Steinbänkchen mit Blick auf die Eigernordwand bauen. Da seine Frau im Jahr ihrer Zedernhochzeit, also im 49. Ehejahr, verstorben war, liess Bernhard zudem eine Zeder neben die Stätte bauen. Heute freut er sich, dass nun Luchse, Vögel und viele andere Tiere das kleine Paradies aufsuchen. «Dort will später auch ich meine letzte Ruhe finden.»

Um sein Leben bis dahin trotz aller Einschränkungen zu geniessen, ist er auf die Cannabis-Therapie angewiesen. Diese ist allerdings teuer, und die Versicherung lehnt die Kostenübernahme ab. Unverständlich, wie er findet, die Wirkung, die weit über Schmerzlinderung und Appetitanregung hinausgeht, sei wissenschaftlich erwiesen: «Das muss doch auch ärmeren Leuten ermöglicht werden.» Deshalb werde er mit seinem Anliegen «auch an die oberen Chargen herantreten», um zumindest eine Teilübernahme zu erwirken. Anderen Patientinnen und Patienten, die sich für die Therapie interessieren, rät er, sich an den Verein Medcan zu wenden: «Da bekommt man Adressen von seriösen Apotheken, die sichere Produkte verkaufen.»

Wissenswertes zu Prostatakrebs

Prostatakrebs ist in der Schweiz die häufigste Krebsart bei Männern. Jährlich erkranken rund 7’000 Männer daran, meist ab dem 50. Lebensjahr. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter deutlich an.

Die häufigsten Symptome im frühen Stadium sind oft unspezifisch oder fehlen ganz, weshalb der Tumor häufig erst spät entdeckt wird. Mögliche Beschwerden sind:

  • Häufiges oder erschwertes Wasserlassen
  • Schwacher Harnstrahl
  • Nächtlicher Harndrang
  • Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit
  • Schmerzen im unteren Rücken, in den Hüften oder im Becken (bei fortgeschrittener Erkrankung)

Was ist Prostatakrebs?

Prostatakrebs entsteht durch das unkontrollierte Wachstum von Zellen in der Prostata, einer Drüse unterhalb der Harnblase, die Samenflüssigkeit produziert. Häufig wächst der Tumor zunächst langsam und bleibt auf die Prostata beschränkt, was eine frühe Diagnose besonders wichtig macht. In vielen Fällen kann der Krebs in diesem Stadium noch erfolgreich behandelt werden. Es gibt jedoch auch aggressive Formen, die schneller wachsen und sich über die Prostata hinaus auf benachbarte Gewebe oder über die Blut- und Lymphbahnen in andere Körperregionen, vor allem in die Lymphknoten oder Knochen, ausbreiten können. Diese fortgeschrittenen Formen erfordern eine intensivere Therapie und können unbehandelt lebensbedrohlich sein. Die Ausbreitung des Krebses wird mit dem Gleason-Score und dem PSA-Wert bewertet. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten und die langfristige Prognose.

Ursachen und Risikofaktoren

Nach heutigem Forschungsstand gelten folgende Faktoren als mögliche Auslöser:

  • Alter: Das Risiko steigt deutlich ab dem 50. Lebensjahr.
  • Genetische Veranlagung: Familiäre Häufung kann das Risiko erhöhen.
  • Hormonelle Einflüsse: Ein hoher Testosteronspiegel könnte das Wachstum begünstigen.
  • Ungesunde Lebensweise: Übergewicht, Bewegungsmangel und Ernährung mit hohem Fettanteil könnten das Risiko erhöhen.
  • Entzündliche Prozesse: Chronische Entzündungen der Prostata könnten eine Rolle spielen.
Früherkennung und Diagnose:

Da Prostatakrebs im Frühstadium kaum Beschwerden verursacht, sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen entscheidend – insbesondere für Männer über 50 oder mit familiärer Vorbelastung. Zur Diagnostik gehören:

  • Tastuntersuchung der Prostata
  • PSA-Bluttest (Prostata-spezifisches Antigen)
  • Ultraschalluntersuchungen und ggf. Biopsie

Die Diagnose „Prostatakrebs“ ist für viele Männer ein Schock. Dank moderner Therapien bestehen jedoch gute Heilungschancen, insbesondere wenn der Tumor früh erkannt wird. Die Wahl der Behandlung hängt vom Tumorstadium, Alter und Gesundheitszustand ab – von aktiver Überwachung über Operation oder Bestrahlung bis hin zu Hormon- oder Chemotherapie.