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Entourage-Effekt

Dieser Begriff kommt aus der Cannabisforschung und steht für das Phänomen, dass Extrakte aus der Cannabispflanze eine bessere Wirkung erzielen, als deren isolierte Reinsubstanzen.

Das therapeutische Zusammenspiel der Cannabis-Pflanzenstoffe

Die Vermutung, dass die im Cannabis enthaltenen Pflanzenstoffverbindungen zusammen eine bessere Wirkung erzielen als ihre isolierten Moleküle alleine, wurde erstmals 1998 in einer Studie der Hebräischen Universität Jerusalem veröffentlicht. Andere Studien und wissenschaftliche Arbeiten aus den letzten Jahren bestätigten die Existenz des Entourage-Effekts.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass pflanzliche Extrakte und Cannabisblüten effizienter wirken als die isolierten Moleküle oder deren Kombinationen. Medikamente aus verschiedenen Cannabissorten mit unterschiedlichen Pflanzenstoffprofilen sind die Zukunft einer effektiven Cannabistherapie. Pflanzliche Arzneimittel lindern oft mehrere Symptome und dämpfen gleichzeitig unangenehme Nebenwirkungen. Dieses Zusammenspiel hat interessantes Potenzial für die Medizin.

Die wichtigsten Erkenntnisse – so funktioniert der Entourage-Effekt:

  • Verbindungen, die aus der ganzen Pflanze gewonnen werden, können mehrere Ziele im Körper beeinflussen.
  • Das Zusammenspiel aller Pflanzenstoffe verbessert die Bioverfügbarkeit, die Resorption und die Löslichkeitsrate der Wirkstoffe.
  • Die Synergie der ganzen Pflanze hilft bei der Überwindung bakterieller Abwehrmechanismen.
  • Die Verbindungen der Pflanze und ihr Zusammenspiel trägt zur Minimierung nachteiliger Nebenwirkungen von Wirkstoffen bei.

Cannabis und ihr Wirkungsmechanismus – eine komplexe Pflanze

Cannabis wurden schon seit eh und je von Heilern und Ärzten als Medizin eingesetzt. Damals interessierte sich niemand für die molekulare Zusammensetzung der Pflanze. Wichtig war die Wirkung und die überzeugte unsere Vorfahren seit Jahrtausenden. Mitte des 20. Jahrhunderts änderte sich das. Die Cannabinoide – Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) – wurden entdeckt. Die Forscher interessierten sich dadurch für die erstaunlichen Wirkungsmechanismen der Pflanze. Die Cannabisforschung begann und entdeckte viele interessante Inhaltsstoffe, den Entourage-Effekt und 1992 das Endocannabinoid-System (ECS). 

Die Cannabispflanze enthält über 400 Moleküle und Verbindungen – Cannabinoide, Terpene, Flavonoide und andere sekundäre Pflanzenstoffe. Verschiedene Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Chemikalien auf das Gehirn und den Körper unterschiedlich wirken. Sie interagieren synergetisch und erzeugen und verstärken so den therapeutischen Gesamtnutzen. Die Wirkungen all dieser Inhaltsstoffe und ihr Zusammenspiel nennt man Entourage-Effekt. Jede Cannabissorte hat ein individuelles Pflanzenstoffprofil. Dadurch wirken einige Sorten fokussierend und anregend, andere hingegen beruhigend und entspannend.

Man kann sich den Entourage-Effekt und die Moleküle, die daran beteiligt sind, wie eine Schauspielerbesetzung in einer Theaterproduktion vorstellen. THC und CBD sind die Hauptdarsteller. Die anderen Cannabinoide und die Terpene spielen die Nebenrollen. Es braucht aber auch Leute im Hintergrund wie Kostümbildner, Licht und Ton oder Visagisten. Diese Aufgabe übernehmen die Flavonoide und die restlichen Pflanzenstoffe. Nur wenn alle Mitwirkenden zusammen arbeiten, wird das Theaterstück ein Erfolg.

Es braucht weitere Forschung, um die Mechanismen und die Wirkung aller Cannabis-Pflanzenstoffe auf den menschlichen Körper zu entschlüsseln. Wenn auch Sie die gesundheitlichen Vorteile der Cannabispflanze nutzen möchten – greifen Sie auf pflanzliche Vollspektrum-Extrakte zurück oder nutzen Sie Cannabisblüten.

Verschiedene Cannabissorten
der Schlüssel zu einer effektiven Cannabistherapie

Befasst man sich als Patientin oder Patient mit dem Entourage-Effekt, kommt man zum Schluss, dass die einzelnen Pflanzenstoffe gar nicht so relevant sind. Deren spezifische Wirkung ist in erster Linie für die Wissenschaft von Interesse. Die Forschung zeigt, dass die Kombination aller Pflanzenstoffe entscheidend ist. Dadurch liegt der Fokus der erfahrenen Anwender auf den zahlreichen Cannabissorten. 

Für die Patientinnen und Patienten ist es erstrebenswert verschiedene Cannabissorten und Medikamente mit ganz unterschiedlichen Pflanzenstoffprofilen zu bekommen. So kann jede/jeder individuell testen, welche Sorte am besten gegen das Leiden oder die Erkrankung hilft. Treten bei einer Sorte unangenehme Nebenwirkungen auf, kann man zu einer anderen wechseln. Und es gäbe die Möglichkeit tagsüber eine aktivierende Sorte und abends etwas zum Schlafen einzunehmen.

In Israel und in den USA gibt es Webseiten, die bei der Suche der richtigen Sorte helfen. Diese Datenbanken sind eine nützliche Unterstützung, um sich im Dschungel der Cannabissorten und ihren Wirkungseigenschaften zurechtzufinden.

Die Schweizer Patientinnen und Patienten haben mittlerweile verbesserten Zugang zu Cannabis als Medikament. Aufgrund der Änderungen im Betäubungsmittelgesetz im Jahr 2022 können sich Cannabis-Patientinnen und -Patienten jetzt medizinisches Cannabis auf ärztliche Verschreibung hin besorgen. Es stehen verschiedene Einnahmeformen und Cannabissorten zur Verfügung, und spezialisierte Apotheken sind gut ausgestattet, um beratend zur Seite zu stehen. Damit haben Patienten die Möglichkeit, individuell zu testen, welche Sorte am besten gegen ihre Leiden oder Erkrankungen wirkt. Bei unerwünschten Nebenwirkungen besteht die Option, zu einer anderen Sorte zu wechseln. Zudem ermöglicht die Vielfalt an Cannabissorten die Auswahl von aktivierenden Sorten für den Tag und beruhigenden Sorten für die Nacht. In Israel und den USA existieren bereits Webseiten, die bei der Suche nach der passenden Sorte unterstützen, und solche Ressourcen könnten auch in der Schweiz in Zukunft vermehrt zur Verfügung stehen.