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Flüchtige Verbindungen

Cannabispflanzen verströmen einen sehr charakteristischen Duft. Verantwortlich dafür sind flüchtige Verbindungen, wie Terpene und Flavonoide. Diese aromatischen Moleküle sind nicht nur für den Geruch und Geschmack verantwortlich, sondern interagieren auch mit Cannabinoiden, um den sogenannten «Entourage-Effekt» zu erzeugen.

Dufte Wirkung – die Terpene

Rund 140 der vielen chemischen Bestandteilen im Cannabis gehören zur Gruppe der organischen Kohlenwasserstoffe – den sogenannten Terpenen. Wie die Cannabinoide sind auch Terpene hauptsächlich im ausgeschiedenen Harz der Pflanze zu finden.

Die Kombination der verschiedenen Terpene definiert die Duftnote jeder Pflanze. Cannabis ist insofern speziell, weil jede Sorte ein einzigartiges Profil von Terpenen aufweist. Die Forschung geht davon aus, dass auch Terpene medizinische Eigenschaften aufweisen, die unabhängig von den Cannabinoiden sind. Terpene sind nanopartikelgrosse, aromatische Moleküle. Deshalb können sie die Blut-Hirn-Schranke – eine Schicht, die das Gehirn vom Blut trennt, damit keine giftigen Substanzen ins Gehirn gelangen – überwinden. Dies bedeutet, dass sie ins zentrale Nervensystem eindringen und dort wirken. Die Moleküle in pharmazeutischen Wirkstoffen dagegen sind zu gross, um die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden.

Überblick über die Cannabis-Terpene

Terpene sind organische Kohlenwasserstoffverbindungen. Man nennt sie Isoprene, da ihre Struktur auf wiederkehrenden Isoprenketten (C5H8) aufbaut. Isoprenketten werden in folgende Gruppen unterteilt:

  • Monoterpene: Sie bestehen aus zwei Isoprenketten mit jeweils 5 Kohlenstoffmolekülen (C10H16). In der Cannabispflanze kommen die Monoterpene Limonen, Myrcen, Pinen, Terpinolen und Linalool vor.
  • Sesquiterpene: Sie setzen sich aus drei Isoprenketten zusammen und haben dementsprechend 15 Kohlenstoffmoleküle. Caryophyllen und Humulen sind Sequiterpene.
  • Triterpene:: Diese Terpene mit 30 Kohlenstoffmolekülen sind hauptsächlich in den Wurzeln, Fasern und Samen von Industriehanf zu finden. Die Produktion der Terpene wird von Lichtstrahlung angeregt.

Funktionen der Cannabis-Terpene

Die aromatischen Inhaltsstoffe sind in den Blüten weiblicher, unbefruchteter Pflanzen besonders hoch konzentriert. Die Menge und Zusammensetzung der Terpene einer Pflanze hängt von ihrer Genetik und den Anbaubedingungen ab. Die Duftstoffe schützen die Pflanze vor Parasiten, schädlichen Insekten, Bakterien und Pilzen. Gleichzeitig locken sie bestäubende Insekten an. Jede Pflanze verfügt über eine einzigartige Terpen-Kombination – sie ist bei Pflanzen derselben Sorte jedoch ähnlich. Das Revolutionäre an der Wirkungsweise von aromatischen Stoffen liegt einerseits darin, dass sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Andererseits entwickeln sich die Terpene Canabis-Pflanzen genetisch immer weiter, so dass selbst anpassungsfähige (Fress-)Feinde das Nachsehen haben.

Die Eigenschaften der Terpene

Während die Wirkungen und Eigenschaften der Cannabinoide (insbesondere von THC und CBD) bereits gut erforscht sind, ist das bei den Terpenen nicht der Fall. Einige Studien haben gezeigt, dass die Terpene zum sogenannten «Entourage-Effekt» beitragen. Das heisst, sie verstärken die therapeutische Wirkung von anderen Bestandteilen, insbesondere der Cannabinoide. So bewies der Neurowissenschaftler Ethan Russo, dass Terpene die nachteiligen Auswirkungen von THC mildern und somit die therapeutische Wirksamkeit des Cannabinoids begünstigen. Russo geht davon aus, dass das Zusammenwirken von Cannabinoiden und Terpenen die heilenden Eigenschaften des Cannabis verstärken kann.

Mehr als nur Duftstoffe

Wie THC auch, interagieren Terpene mit den Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems und beeinflussen so die Gesamtwirkung. Einige Terpene verändern die Menge des THC, das durch die Blut-Hirn-Schranke dringt. Terpene haben als einen Einfluss darauf, wie Cannabis auf unseren Körper wirkt und es gibt sogar Studien, die aufzeigen, dass diese Bestandteile auch den Dopamin- und Serotoninspiegel beeinflussen können.

So können Terpene wirken

  • Myrcen: z.B. narkotisierende, beruhigende Wirkung
  • Limonen: fördert Scharfsinnigkeit und Konzentration
  • Beta-Caryophyllen: hat neuroprotektive Eigenschaften und ist deshalb zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson geeignet

Weitere Forschung ist nötig, um mehr über therapeutischen Eigenschaften dieser bisher vernachlässigten Bestandteile der Cannabispflanze herauszufinden – und zwar sowohl für sich gesehen als auch in Verbindung mit den Cannabinoiden.

Myrcen

Siedepunkt: 168°C

Myrcen ist ein Monoterpen und aus verschiedenen Gründen eines der wichtigsten Terpene. Man findet es u.a. auch in frischen Mangos, Hopfen, Lorbeerblättern, Eukalyptus oder Zitronengras. Mycren geht mit THC einen Synergieeffekt ein. Isst man beispielweise 45 Minuten vor dem Konsum von Cannabis eine frische Mango, wird bei den meisten Menschen die psychoaktive Wirkung des THC verstärkt. Auch viele andere chemische Verbindungen können in Kombination mit Myrcen besser vom Körper aufgenommen werden. Weniger bekannt ist, dass ein hoher Myrcen-Spiegel in der Cannabispflanze von über 0,5 % zum «Couch Lock»-Effekt führen kann. Meist haben Sorten mit einem stark sedierende Effekt einen hohen Myrcen-Spiegel.

Limonen

Siedepunkt:176°C

Dieses Monoterpen sorgt für das herrliche Citrus-Aroma einiger Cannabissorten und kommt in den Schalen von Citrusfrüchten, in Rosmarin und in Minze vor. Limonen hat eine pilztötende, antibakterielle und vor Krebs schützende Wirkung. Zudem kann es gegen Tumore wirken und gleichzeitig das Immunsystem anregen. Pflanzen nutzen Limonen zur Raubtier- oder Schädlingsabwehr. Beim Menschen kann Limonen wegen seiner molekularen Struktur ins Gehirn gelangen und dort Denkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration verbessern. Bei psychosomatischen und psychiatrischen Störungen kann es eingesetzt werden, um Depressionen oder Angststörungen zu behandeln.

Linalool

Siedepunkt: 198 °C

Dieses Monoterpen verströmt ein blumiges, manchmal als «lavendelartig» beschriebenen Aroma. Nicht verwunderlich, denn es kommt hochkonzentriert in der Lavendelpflanze vor. Seine angstlösende und beruhigende Wirkung macht es zum perfekten Verbündeten bei der Bekämpfung von Schlaflosigkeit. Zudem weist Linalool entzündungshemmende und krampflösende Eigenschaften auf. Einer Studie zufolge kann Linalool helfen, durch Tabakkonsum hervorgerufene Entzündungen in der Lunge abklingen zu lassen. Zudem hat es nachgewiesen positive Wirkungen auf das Immunsystem.

Pinen

Siedepunkt: 155°C

Pinen ist ein weiteres Monoterpen. Kiefern und Baumharz enthalten diesen einzigartigen Duft ebenso wie Rosmarin, Eukalyptus und Salbei. Es wird in vielen Mitteln gegen Husten eingesetzt und wirkt gegen Keime. Gemäss Untersuchungen zerstört Pinen eine chemische Verbindung im Hirn, die wiederum die Koppelung von Neuronen hemmt: Dadurch wird die Gedächtnisfunktion verbessert. Das Terpen Pinen ist besonders in Skunk-Sorten enthalten und sorgt für deren unverwechselbar intensiven Geruch. Es ist mitverantwortlich für die schnell einsetzende Wirkung der Skunk-Sorten und besitzt schleimlösende Eigenschaften.

Caryophyllen

Siedepunkt: 176°C

Caryophyllen ist ein Sesquiterpen, das in vielen Pflanzen wie Thai-Basilikum, Nelken oder schwarzem Pfeffer vorkommt. Es hat einen reichhaltigen, würzigen Geruch. Die Forschung hat nachgewiesen, dass β–Caryophyllene-Caryophyllene Affinität für den CB2-Endocannabinoid-Rezeptor hat. β–Caryophyllen ist bekannt dafür, antiseptisch, antibakteriell, antimykotisch (gegen Pilzerkrankungen), antitumorös und entzündungshemmend zu wirken.

Humulen

Siedepunkt: 198 °C

Humulen ist ein Sesquiterpen. Diese sind auch bekannt als α-humulene und α-caryophyllene. Humulen kommt z.B. in Hopfen, Zimt, Oregano, in vielen Basilikum-Arten, Cannabis-Sativa-Stämmen und in vietnamesischem Koriander vor. Humulen verleiht Bier sein «hopfiges» Aroma. Es weist antibakterielle, entzündungs- und appetithemmende Eigenschaften auf. In der chinesischen Medizin wird Humulen seit langem erfolgreich gegen Entzündungen eingesetzt. Humulen wird auf den CB1- und den CB2-Rezeptor, hat keine berauschende Wirkung und kann somit als Ausgangsstoff für die Entwicklung neuer Arzneien verwendet werden.

Die Komplexität des Cannabis-Aromas:
neue Erkenntnisse über Terpene und Flavorants

Cannabis ist bekannt für sein einzigartiges und vielfältiges Aroma, das von süß und fruchtig bis hin zu erdig und würzig reicht. Dieser vielfältige Geruch wird hauptsächlich durch sekundäre Metaboliten der Pflanze bestimmt. Historisch gesehen wurde angenommen, dass Terpene – flüchtige aromatische Verbindungen – die Hauptverantwortlichen für diese einzigartigen Düfte sind. 

Die Forschung zeigt jetzt aber ein komplexeres Bild

Eine wegweisende Studie von Abstrax Tech, in Zusammenarbeit mit 710 Labs und Markes International, hat unser Verständnis über die Aromen von Cannabis erweitert. Obwohl zwei Cannabissorten ähnliche Terpenkonzentrationen aufweisen können, können ihre Aromen dennoch stark variieren. Dies deutet darauf hin, dass Terpene nicht die einzigen Faktoren sind, die das Aroma bestimmen. In der Studie wurden 31 verschiedene Cannabissorten analysiert, wobei sowohl sensorische als auch chemische Analysen durchgeführt wurden. Überraschenderweise zeigte sich, dass viele Sorten, trotz unterschiedlicher Aromen, ähnliche chemische Profile aufwiesen. Dies führte zu der Erkenntnis, dass neben Terpenen auch andere Verbindungen – sogenannte «Flavorants» – eine entscheidende Rolle spielen.

Das Zusammenspiel von Terpenen und Flavorants ist wohl verantwortlich für die vielfältigen Düfte von Cannabis

Flavorants, als nicht-terpenoide Verbindungen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Aromenbildung in der Cannabis-Pflanze. Die Studie identifizierte über 60 einzigartige Flavorant-Verbindungen in den analysierten Sorten, die maßgeblich zu den einzigartigen und vielfältigen Aromen von Cannabis beitragen. In der Zusammenfassung wird deutlich, dass das Aroma von Cannabis nicht ausschließlich von Terpenen geprägt wird. Vielmehr entsteht die faszinierende Duftvielfalt durch das perfekte Zusammenspiel von Terpenen und Flavorants. Diese Erkenntnisse eröffnen innovative Wege für die gezielte Züchtung und Klassifizierung von Cannabis basierend auf seinem charakteristischen Aroma. Zudem könnten sie wegweisend für die Entwicklung von Aromatherapien und anderen therapeutischen Anwendungen sein.

Flavonoide im Cannabis – unerforschtes Potenzial für die Gesundheit

Flavonoide, eine vielfältige Gruppe von Pflanzeninhaltsstoffen, sind nicht nur für die Farbvielfalt von Pflanzen wie Cannabis verantwortlich, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle im Schutz vor Umweltstress und Pathogenen. Besonders im Kontext von Cannabis sind die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Flavonoide von großem Interesse. Neben ihrer antioxidativen Wirkung werden ihnen auch entzündungshemmende und neuroprotektive Effekte zugeschrieben.

Einige der Flavonoide, die in Cannabis vorkommen, sind Cannaflavin A/B/C, Quercetin, Kaempferol, Apigenin und verschiedene Derivate. Diese Verbindungen sind bekannt für ihre antioxidativen, entzündungshemmenden und immunmodulatorischen Eigenschaften. Hier sind einige mögliche gesundheitliche Vorteile von Flavonoiden im Zusammenhang mit Cannabis:

  • Antioxidative Eigenschaften: Flavonoide haben starke antioxidative Eigenschaften, die dazu beitragen können, Zellen vor oxidativem Stress und Schäden durch freie Radikale zu schützen. Oxidativer Stress wird mit verschiedenen Krankheiten, einschließlich Krebs, in Verbindung gebracht.
  • Entzündungshemmende Wirkung: Einige Flavonoide haben entzündungshemmende Eigenschaften, die dazu beitragen können, Entzündungen im Körper zu reduzieren. Chronische Entzündungen werden oft mit verschiedenen Gesundheitsproblemen wie Herzkrankheiten, Diabetes und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht.
  • Immunmodulation: Flavonoide können das Immunsystem beeinflussen und modulieren. Dies könnte dazu beitragen, das Gleichgewicht des Immunsystems aufrechtzuerhalten und möglicherweise Autoimmunerkrankungen zu beeinflussen.
  • Neuroprotektive Effekte: Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Flavonoide neuroprotektive Eigenschaften haben könnten, was bedeutet, dass sie das Nervensystem schützen könnten. Dies könnte potenziell bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson von Bedeutung sein.

Die genaue Zusammensetzung von Flavonoiden in Cannabis kann je nach Sorte, Wachstumsbedingungen und anderen Umweltfaktoren variieren. Die Forschung zu den spezifischen gesundheitlichen Auswirkungen dieser Flavonoide im Zusammenhang mit Cannabis ist noch im Gange, und weitere Studien sind erforderlich, um ihre genauen Mechanismen und potenziellen Vorteile zu verstehen. Es ist wichtig zu beachten, dass Flavonoide nicht nur in Cannabis, sondern auch in vielen anderen Obst- und Gemüsesorten vorkommen und Teil einer ausgewogenen Ernährung sein können.

Diese Flavonoide findet man in Cannabis

Quercetin

Ein starkes Antioxidans, das in vielen Pflanzen vorkommt, einschließlich Cannabis. Quercetin ist bekannt für seine entzündungshemmenden Eigenschaften und kann dazu beitragen, Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.

Kaempferol

Ein weiteres Flavonoid mit antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften. Es wurde in einigen Studien mit potenziellen kardioprotektiven (herzschützenden) Effekten in Verbindung gebracht.

Apigenin

Dieses Flavonoid ist bekannt für seine beruhigenden Eigenschaften und wird in der traditionellen Medizin häufig für seine entspannende Wirkung verwendet. Es kann auch entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften haben.

Cannaflavin A, B, C

Spezifische Flavonoide, die bisher nur in Cannabis gefunden wurden. Cannaflavine A wurde besonders intensiv erforscht und hat entzündungshemmende Eigenschaften, die stärker sein könnten als die von anderen bekannten entzündungshemmenden Substanzen wie Aspirin.